Besonders vom langsamen Gehen, Schritt für Schritt profitieren Pferde wie Smokey sehr. Durch das bewusste Schreiten fühlt er in seinen Körper hinein und koordiniert jede Bewegung einzeln. Das bewusste Fühlen und Wahrnehmen des eigenen Körpers ist Grundlage für jede “gute” Bewegung und ganz besonders für das SELBST – BEWUSSTSEIN des Pferdes. Je mehr Körpergefühl das Pferd entwickelt, desto mehr Vertrauen in den eigenen Körper und die eigenen Fähigkeiten gewinnt es.
Niemals geht es darum, das Hindernis schnell hinter sich zu bringen. Das einzige was zählt, ist die Bewusstheit! Langsames Schreiten ist bei solchen Übungen das Wertvollste und Wichtigste!
Oft reite ich Lilly mit einer gebisslosen Zäumung: in diesem Fall dem Kolumbianischen Bosal einem einfachen, weichen Lederriemen (Nasband) nach Maß mit Lederkinnriemen.
Diese Zäumung ist ohne jegliche Hebel, eine direkte seitliche Einwirkung ist möglich und erleichtert dem Pferd das Verständnis der Hilfen. Auch ein ungebrochenes Stangengebiss ist für diese Hilfengebung geeignet – siehe auch mein Bericht über Zäumungen und Gebisse.
Meine Hände halte ich nah beieinander, als Vorbereitung für die einhändige Zügelführung. Das Pferd soll möglichst bald auf die Berührung des Zügelleders am Hals reagieren, so dass die Zügel irgendwann dauerhaft durchhängen können und ein Impuls am Kopf des Pferdes nicht mehr nötig ist.
Da Lilly ein eher hektisches Pferd ist und zu fahrigen Bewegungen neigt, sind Übungen, die das Gefühl für den eigenen Körper fördern sehr wichtig. Lilly lernt, sich zu zentrieren, sowohl geistig als auch körperlich. Sie findet ihre Mitte und übt aus ihrer Mitte heraus zentriert, bewusst und kraftvoll zu agieren. Ähnlich wie im Yoga geht es nicht um die “fertige Übung” an sich, sondern vielmehr um den Weg dorthin: das Fühlen und Wahrnehmen – und daraus das bewusste Handeln. Dass Pferde zu solch bewusstem Handeln fähig sind, berichten mittlerweile nicht nur Pferdemenschen, auch die Wissenschaft hat dies inzwischen mehrfach bestätigt. (Buchtipps: Alle Werke von Marlitt Wendt)
Seit Lilly entdeckt hat, dass “gefährliche Sachen” nicht nur interessant sind und Abwechslung bringen, sondern auch noch ganz viel Jubel und Lob einbringen, ist sie nicht mehr zu bremsen, wenn es darum geht, neue “Monster” zu besiegen.
Mit jeder Herausforderung wächst nicht nur das Selbstvertrauen des Pferdes, auch die Vertrauensbeziehung Mensch-Pferd wird gestärkt und vertieft.
Das Leckerli ist immer dabei – jedoch nicht so wichtig wie die echte Freude des Menschen! Nur wer mit Begeisterung lobt, wird sein Pferd damit bestätigen können.
Lilly ist recht schreckhaft – deshalb gehört das Vertrauenstraining von Anfang an zu unserer regelmäßigen Beschäftigung. Umso mehr Mut und Vertrauen das Pferd in sich selbst entwickelt, umso gefestigter, stolzer, zufriedener, verlässlicher und zentrierter wird das Pferd.
An dieser Stelle noch ein Hinweis zur Zügelführung: von Anfang an reite ich so viel wie möglich mit einer Hand bzw. mit nah beieinander stehenden Händen, um die einhändige Zügelführung für das Pferd zur Selbstverständlichkeit werden zu lassen.
Vieles wird erst im Nachhinein geistig verarbeitet und im Unterbewusstsein abgespeichert. Deshalb sind Pausen und kurze Trainingseinheiten so wichtig. Eine Übungseinheit darf bei einem jungen Pferd maximal 10-20 Minuten dauern. Länger ist ein junges Pferd nicht fähig sich zu konzentrieren. Wenn der Mensch mit den geistigen und körperlichen Kräften seines Pferdes verantwortungsbewusst umgeht, wird er stets ein waches, motiviertes, mitdenkendes Pferd haben, da das Pferd weiß, dass es immer mit Energie-Reserven und erhobenen Hauptes den Platz verlassen wird.
Einige Gedanken zur Motivation: Pferde sind sehr sensibel, wenn es um die Stimmung ihres Menschen geht. Echte Begeisterung und Freude des Menschen wirkt fast immer ansteckend auf das Pferd. Meiner Erfahrung nach ist die eigene Motivation das allerwichtigste beim pferdegerechten Umgang. Nur wenn ich selbst Freude an der Sache habe, kann ich mein Pferd motivieren. Durch Begeisterung ihres Menschen wachsen die Pferde über sich selbst hinaus und entdecken neue Welten des eigenen Körpers und des eigenen Gefühls. Niemals darf es um die Lektion gehen – immer sollte es um das Pferd und sein Wohlbefinden gehen. Dann ist das Pferd motiviert und profitiert sowohl körperlich als auch geistig-seelisch vom gemeinsamen Training. Und die Motivation und Freude des Pferdes überträgt sich wiederum auf den Menschen – die Begeisterung des Menschen und die Begeisterung des Pferdes bedingen sich gegenseitig.
Buchtipp am Rande: “Jeder Gedanke ist eine Kraft” von Nicole Künzel
Die Lektion des Schulternherein auf wurde angeblich “erfunden” vom französischen Reitmeister François Robichon de la Guérinière (1688-1751). In seinem Werk „Reitkunst“ (1733) beschreibt er das Schulterherein als “Mittel Für und Wider alles in der Ausbildung des Pferdes”. Auch der große portugiesische Reitmeister Nuno Oliveira (1925-1989) schreibt, “das Schulterherein heile alles” und bezeichnet es als das “Aspirin der Reitkunst”. Dabei ist besonders erwähnenswert, dass beide Reitmeister ausschließlich das Schulterherein auf vier Hufspuren als gymnastisch wertvoll erachten.
Das Schulterherein gehört zum normalen Bewegungsrepertoire jedes Pferdes. Beim freien Spiel auf der Weide ist das Schulterherein in allen Gangarten oft zu beobachten. Für mich gehört das Schulterherein deshalb zu den ersten Übungen, die das Pferd BEWUSST lernt. Durch das Schulterherein trainiert das Pferd Geschicklichkeit und Körperbewusstsein. Die Übung wirkt sowohl kräftigend-stabilisierend als auch lösend-dehnend-mobilisierend sowie versammelnd – je nach Abstellungswinkel, Aufrichtung und Tempo. Dementsprechend positiv ist der Effekt für die Psyche und das Selbstvertrauen des Pferdes (natürlich vorausgesetzt die Übung wird ohne Zwang und für das Pferd verständlich nachvollziehbar geschult). Für meine Pferde und mich beginnt und endet jede Trainingseinheit vom Boden oder vom Pferderücken aus und jeder Ausritt ins Gelände mit dem Schulterherein. Das Schulterherein ist fester Bestandteil des Aufwärmprogrammes und des Entspannungsprogrammes.
Ich kann nur jedem Reiter empfehlen, das Schulterherein mit seinem Pferd zu trainieren. Wunderbar beschrieben wird die Übung und die Hilfengebung in Jean-Claudes Racinets Meisterwerk “Feines Reiten”.
Umso mehr Pferde lernen, ihren Körper bewusst einzusetzen, umso selbstbewusster und stolzer werden sie. Wir Menschen können den Pferden dabei ein wundervoller Lernpartner sein.
Da das Ausreitgelände in unserer Gegend sehr steinig ist, hat nun auch Lilly Hufschuhe bekommen. Für Lea und Smokey verwende ich die Old Mac´s G2, mit denen ich bisher nur gute Erfahrungen gemacht habe. Die Old Mac G2 hat Lilly nun für die Vorderhufe bekommen. Für die Hinterhufe habe ich das Nachfolgemodell des Old Mac G2 – den New Mac ausgesucht. Die Handhabung beider Modelle ist wunderbar einfach, das An- und Ausziehen geht schnell und simpel. Die Passform ist absolut super, der Schuh schmiegt sich eng an den Huf an. Die Schuhe halten ohne zu Scheuern in allen Gangarten und bei allen Untergründen einwandfrei am Huf. Dabei sind die Schuhe absolut robust und stabil. Ich kann beide Modelle sowohl den New Mac als auch das Vorgängermodell Old Mac G2 uneingeschränkt weiterempfehlen. Lilly läuft mit den Hufschuhen – genauso wie Lea und Smokey – geschmeidig und locker.
Passend zu meinem vor Kurzem verfassten Eintrag, habe ich am 22./23. April 2017 einen Kurs zum Thema Zäumungen und Gebisse / Zügelhilfen besucht. Wieder bei Meisterin der Akademischen Reitkunst Sabine Oettel in Wendlmuth (www.akademische-reitkunst.at) mit Wolfgang und Christin Krischke von der Fürstlichen Hofreitschule Bückeburg (www.hofreitschule.de).
Im Theorieteil ging es vor allem darum, die Wirkungen der einzelnen Zäume und Gebisse darzustellen. Auch die Zügelhilfen und noch wichtiger das Aussetzen derselben wurden besprochen.
Wieder wurde ich in der Meinung bestärkt, dass kein Pferd “die Anlehnung an das Gebiss sucht” (vgl. Studien von Witzmann 2007) und dass ich meine Pferde in maximaler Freiheit – Auslassen der Hilfen – reiten möchte. Mein Pferd darf und soll sich in die gemeinsamen Bewegungen aktiv mit einbringen, es soll Vorschläge machen und mitdenken.
Besonders wichtig finde ich die allgemeinen Praxistipps von Christin zur Hilfengebung:
Mache Dir ALLE Hilfen bewusst => deutliches Hinfühlen, wie und wo wirke ich wie stark ein und warum, mit welchem Ziel
Versuche die Hilfen radikal zu minimieren => geht es auch ohne “Hilfe”, “Fehler” dürfen erlaubt sein
Lenke mit dem Sitz, “bremse” mit der Stimme
Ermittle in jeder Gangart und Lektion die Körperhaltung “in der Kraft” des Pferdes => Zügelhilfen dienen nur noch als “Positionsgeber” für die Hals-/Kopfhaltung mit dem Ziel des willentlich gehobenen Widerrists
Bedanke Dich sofort beim Pferd durch Aussetzen der Hilfen und Lob
Überfordere Dein Pferd nicht => nur wenige Minuten Training und langsam steigern. Wenn das Pferd zeigt, dass die Kraft ausgeht: Pause machen und Führen; Dehnen lassen nur im Stand, damit das Pferd nicht in der Bewegung auf die Vorhand kommt.
Ich kann nur jedem Reiter empfehlen, sein Pferd bei der Wahl des Zaumes oder Gebisses entscheiden zu lassen und sich Gedanken zu machen über die eigene Hilfengebung. Denn es liegt alles in der Hand des Reiters!
Ich für mich habe wieder sehr viele interessante Anregungen mitgenommen, auch im Praxisteil als das Auslassen der Hilfen wunderbar gezeigt wurde.
Fazit für mich: Die Pferde sollen durch die Hilfen des Reiters nicht entmüdigt, sondern stattdessen befähigt werden. Das erfordert ein ständiges Bewusstmachen (!!), Lernen und Hinterfragen meiner Motivation und meiner Handlungen im Umgang mit meinen Pferden.
Zum Weiterlesen:
Christin Krischke “Du entscheidest! – Reiten mit gutem Gewissen”
Friederike Uhlig Universität Wien “Darstellung der Lage verschiedener Trensengebisse im Pferdemaul bei Einwirkung unterschiedlich starken Zügelzuges am gerittenen Pferd im Halten”
Kathrin Kienapfel und Holger Preuschoft “Viel zu eng! Über die Verschnallung der Nasenriemen”
Dr. Peter Witzmann “Wirkung von Gebissen im Pferdemaul”
Holger Postulart Dominique Giniaux “Osteopathie beim Pferd”
Bei den Ausflügen mit Lilly stellen wir uns ganz bewusst verschiedenen Ungeheuern und bemühen uns, diese mit Bedacht und Gelassenheit zu bewältigen. Lilly ist, wenn sie ohne Lea und Smokey mit mir unterwegs ist, oft unsicher, hektisch und nervös. Gerade da ist es wichtig, dass der Führende Gelassenheit und Sicherheit ausstrahlt. Mit jeder positiv bewältigten Herausforderung wächst das Selbstvertrauen des Pferdes und die vertrauensvolle Beziehung Mensch-Pferd.
Egal wie routiniert das Pferd ist: Vertrauens- und Gelassenheitsübungen sind immer wieder wichtig und jederzeit förderlich für das Selbstvertrauen und die Beziehung Mensch-Pferd. Auch für den Reiter sind Trailübungen gut, denn so wird die einhändige Zügelführung und das Bewusstsein für den eigenen Reitersitz geschult und gefestigt.
Weiterhin bringen derartige Übungen Abwechslung und Spaß in das Training. Smokey ist konzentriert und aufmerksam. Er hat stets Freude daran, mir zu zeigen, welch mutiges, tolles Pferd er ist. Ich bin so stolz auf ihn! Danke Smokey!
Auf eine Frage in meinem Gästebuch hin, habe ich mich entschlossen, dem Thema Zäumungen und Gebisse einen eigenen Beitrag zu widmen. Das habe ich bisher vermieden, da viele Reiter das Gebiss selbstverständlicherweise und oft unbewusst als Zwangsmittel benutzen. (Jeder kann sich selbst mittels einer Zugwaage prüfen, die zwischen Zügel und Gebiss eingeschnallt wird, diese Gewichtsmessgeräte gibt es mittlerweile sehr günstig.)
Dieser Artikel richtet sich demnach an verantwortungsbewusste, denkende und fühlende Pferdemenschen!
Wie immer stellt dieser Artikel einen Erfahrungsbericht von mir ganz persönlich dar ohne Anspruch auf Vollständigkeit und ohne Allgemeingültigkeit.
Jedes Pferd ist ein Individuum und jeder Reiter muss selbst herausfinden, welche Zäumung die richtige Lösung für ihn und sein Pferd ist.
Lange Zeit war ich abgeneigt von jeder Art von Gebissen. Meine Erfahrungen sowohl im Freizeitreiterbereich als auch bei den FN sowie den Westernreitern hatten mir gezeigt, dass die wenigsten Pferde ihr Gebiss mochten und dass dieses oft als Zwangsmittel verwendet wurde.
Ich machte mich deshalb auf die Suche nach einer gebisslosen Alternative. Von Bosal über Nasband über mechanische Hackamore über Seilzaum über LG-Zaum und vieles mehr habe ich so alles ausprobiert, was die Literatur und der Markt hergab. Immer mit einem Horchen ins Pferd hinein…
Viele Fotos auf www.meinPferdetraum.de zeigen noch diese Phase des Probierens. Hängengeblieben bin ich bei einem einfachen Ledernasband, das ich jeweils für Lea und Smokey in einer Sattlerei maßanfertigen ließ. Damit liefen Lea und Smokey zufrieden, die Wirkungsweise ist direkt und einfach. Ähnlich dem kolumbianischen Bosal.
Ein Einschnitt in meiner Glaubensfrage der gebisslosen Zäumungen entstand, als mir unsere Pferdephysiotherapeutin riet, für Smokey ein Gebiss zu verwenden und Abkauübungen zu machen. Smokey hatte immer wieder Verspannungen im Kieferbereich und dadurch auch im Genick bis in den Schulterbereich hinein. Anfangs machte ich die Übungen nur zögerlich und immer nur vor dem Reiten. Während dem Reiten schnallte ich kein Gebiss ein oder das Gebiss nur “blind”, indem ich daran keine Zügel befestigte, sondern die Zügel nach wie vor in die gebisslose Zäumung einschnallte.
Damals kam ich bereits zu der Einsicht, dass ein Gebiss durchaus positiv für ein Pferd sein kann, da Smokey mit Freude sein Gebiss aufnahm und die Entspannungsübungen deutlich genoss.
Immer noch war ich allerdings weit davon entfernt ein Gebiss zum Reiten oder zur Bodenarbeit zu benutzen. Meine Abneigung vor diesem Stück Metall war einfach zu groß.
Das sollte sich ändern als ich meine Reitweise änderte. Ich kam weg von der Art und Weise das Pferd mit den Hilfen einrahmen zu wollen. Stattdessen fing ich an das “Trennen und Auslassen der Hilfen” zu praktizieren. Bei dieser Art der Reitweise (in Anlehung an die französische Legerete und/oder der altcalifornischen Buckaroos) ist das Gebiss da um das Pferd im Kiefer zu entspannen.
Um dies zu verstehen und auch gefühlsmäßig zu akzeptieren brauchte ich wieder ein Zeit lang…. und es kam mir eine Erfahrung am eigenen Leib dazu.
Bei einem Zahnarztbesuch wurde festgestellt, dass ich nachts mit den Zähnen knirschte und dass dadurch bereits mein Unterkieferknochen Schäden aufwies. Ich bekam eine Beissschiene für nachts und es wurde mir empfohlen in Situationen, in denen ich mich konzentrieren muss (denn da biss ich auch die Zähne zusammen und knirschte) Kaugummi zu kauen oder wie ein Fisch beim Atmen den Kiefer auf und zu zu klappen, um die Kiefermuskulatur und damit auch den Nacken zu entspannen.
Leider war ich nicht konsequent genug mit den Anweisungen des Arztes weshalb ich eine Entzünung am (überreizten) Gesichtsnerv bekam sowie eine Verhärtung der Muskulatur im Nacken. Über Krankengymnastik und verschiedene Therapien konnte ich das zum Glück wieder gut auskurieren.
Und seitdem habe ich verinnerlicht: wenn ich mich verkrampfe – dann sanft den Mund auf und zu bewegen. Dadurch entspannt sich der Kiefer sowie der Nacken und damit der gesamte Rücken.
Soviel zum Ausflug in die menschliche Anatomie…. ;-). Jedenfalls kam ich zu jener Zeit und zu den Erfahrungen, die ich am eigenen Leib spürte zu der Überzeugung, dass ein Gebiss dem Pferd wahrlich gute Dienste leisten konnte und die Suche nach dem richtigen Gebiss begann.
Darüber könnte ich wohl eine eigene Forschungsarbeit schreiben, da ich über 20 Gebisse ausprobiert habe. So manches Exemplar ist auf den Fotos auf meiner Webseite festgehalten.
Ich möchte an dieser Stelle nochmal betonen, dass sich meine nachfolgende Empfehlung an Menschen richtet, die NICHT in sog. Anlehnung reiten, die ihr Pferd NICHT ans Gebiss treiben, die ihr Pferd NICHT mit der Gewalt eines Gebisses einschüchtern, sondern NUR an jede, die einfühlsam und ohne Dauerkontakt mit diesem “Werkzeug” umgehen. Natürlich ist es notwendig, dem Pferd vorher die Wirkung des Gebiss zu zeigen. Mit Hilfe von Bodenarbeit, etc. Auch der Reiter muss seine Fingerfertigkeit und sein Feingefühl trainieren, um sanft einwirken zu können. Nie darf das Pferd Schmerzen durch eine ungeschickte Hand empfinden!
Bei Lilly verwende ich das Gebiss derzeit zusammen mit dem Kappzaum – also mit vier Zügeln. So kann ich anfangs die Wirkung kombinieren und dem Pferd das Verstehen vereinfachen. Es versteht sich: Niemals darf am Gebiss geruckt oder gezogen werden! Weiterhin reite ich auch oft komplett gebisslos mit einem einfach Nasband (Kolumbianisches Bosal).
Ich verwende mittlerweile nach vielen Experimenten (DANKE Lea und Smokey für Eure Geduld!!) für alle drei Pferde ein Mullen Mouth Gebiss. Das ist eine ungebrochene Stange ohne sog. Zungenfreiheit mit Baucher-Aufhängung.
Dieses Gebiss gibt es auch mit Hebelwirkung sprich Unterbaum (das Pelham oder die Fahrkandare entsprechen dieser Art von Gebiss).
Das Gebiss (egal ob mit oder ohne Unterbaum) liegt durch die Aufhängung mittels Oberbaum ruhig, präzise und immer richtig herum im Maul des Pferdes.
Bitte auf die Wahl der richtigen Größe (Maulbreite des Pferdes) achten. Das Gebiss sollte so dünn wie möglich sein, um möglichst wenig Platz im Maul zu gebrauchen. Es sei auch noch erwähnt, je länger der Unterbaum ist, desto langsamer wirkt das Gebiss, da der Hebel viel länger ist.
Dadurch dass das Gebiss nicht gebrochen ist, wirkt es bei Kontaktaufnahme lediglich auf den fleischigen Muskel Zunge oder bei aufwärtsführenden Zügelhilfen in Richtung der flexiblen Maulwinkel auf das Pferd ein.
Wie gesagt wir reiten OHNE Anlehnung an das Gebiss, deshalb erfolgt auch kein Dauerquetschen der Zunge, sondern lediglich ein Impuls der das Pferd veranlasst das Maul zu öffnen – mehr nicht! Stellung und Biegung werden immer im Vorfeld über den Kappzaum, bzw. eine gebisslose Zäumung erarbeitet. Das Gebiss wird immer nur kurzzeitig impulsartig verwendet. Niemals mit Dauerzug.
Die Hilfengebung mit den Zügeln (nicht mit dem Gebiss!) erfolgt ansonsten am Pferdehals anliegend (vgl. auch die Ausführungen der Wirkungen der Zügel nach Jean-Claude Racinet). Natürlich muss sowohl das Pferd als auch der Reiter die Bedeutung und den Umgang mit den Hilfen erst erlernen.
Die Hilfen sind immer dazu da einen Zustand zu verändern oder herbeizuführen, niemals um einen Zustand aufrechtzuerhalten.
Ein gebrochenes Gebiss wirkt immer auf die empfindlichen fleischlosen Laden des Pferdes. Dass dies der empfindlichste Teil des Pferdemaules ist kann Jeder -bitte vorsichtig!- selbst ausprobieren. Auch Gebisse mit sog. Zungenfreiheit berühren bei Einwirkung die empfindlichen Laden des Pferdes.
Fazit: Mit einer Stange kann ich also die schmerzempfindlichen Laden des Pferdes schonen und so auf das Pferd einwirken, dass das Pferd erinnert wird, durch kurzzeitiges leichtes Öffnen des Maules, seinen Kiefer und damit sein Genick zu entspannen. Weiterhin ist eine seitwärtsführende Hilfe möglich und für das Pferd logisch nachvollziehbar und verständlich.
Und so lernen Pferde tatsächlich ihr Gebiss zu lieben, weil es ihnen Wohlgefühl und Entspannung verschafft. Immer vorausgesetzt, der Reiter geht mit Feingefühl und der richtigen “Technik” ohne Dauerkontakt an die Ausführung.
Das alles mag sich für Reiter, die noch nicht mit Reitweisen und Zäumungen “geforscht” haben, ulkig anhören….. aber wie gesagt: probiert es aus und lasst Euer Pferd entscheiden 🙂 ! Zum Erarbeiten des Gebissverständnisses von Pferd und Reiter möchte ich die Bücher und Veröffentlichungen von Jean-Claude Racinet und Pascale Bertier-Herzog empfehlen.
Da dieser Bericht auf keinen Fall eine “Werbebotschaft” für Gebisse werden soll, sondern lediglich ein Erfahrungsbericht, möchte ich nochmal auf die gebisslosen Zäumungen zurückkommen, die ich nach wie vor sehr gerne für alle meine Pferde verwende.
Ich bin nach wie vor ein Befürworter der gebisslosen Zäumungen.
Mein Favorit ist wie gesagt ein einfaches Nasenband aus Leder, das ich in den normalen Zaum einschnalle. Mit dieser Ausführung bin ich bzw. sind meine Pferde sehr zufrieden. Vermieden werden sollten meiner Erfahrung nach alle Zäumungen, die das Maul des Pferdes bei Kontakt zupressen. z.B. die mechanische Hackamore oder diverse Erfindungen im modernen Reitsport bei denen die Zügel überkreuz einwirken. Wie wir nun wissen, ist es ganz wichtig, zur körperlichen und mentalen Entspannung des Pferdes, dass das Pferd das Maul öffnen kann. Deshalb darf auch der Kappzaum niemals zu eng geschnallt werden.
Es sei auch nochmal daran erinnert, dass ein gebissloser Zaum nicht unbedingt sanfter wirkt als ein Gebiss.
Alles liegt im wahrsten Sinne der Worte in der Hand des Reiters!
Ergänzung 20. April 2017 aufgrund einer Nachfrage:
Das Billy-Allen-Bit wirkt ähnlich und genauso sanft und präzise wie eine Mullen-Mouth-Stange. Durch die starre Verbindung der beiden Gebisshälften des Billy-Allen-Bit knickt das Gebiss nicht ab und somit kann das Gebiss die Zunge und die Laden des Pferdes nicht einquetschen. Lediglich die unabhängig voneinander drehbaren Gebisshälften des Billy-Allen-Bit haben etwas gemeinsam mit einem gebrochenen Gebiss. Ansonsten wirkt das Billy-Allen-Bit wie eine Stange – siehe Beschreibung weiter oben….
Fotos und Videoaufnahmen sind immer hilfreich, um meinen Sitz zu kontrollieren und mein inneres Gefühl mit dem “Außen” abzustimmen. Danke Christof, dass Du Dir Zeit genommen hast, um Fotos zu machen 🙂
Fazit:
Ich achte mehr darauf, gerade zu sitzen, nicht nach vorne zu fallen, mich aber auch nicht nach hinten zu lehnen und schon gar nicht zur Seite.
Ganz wichtig:
immer dorthin schauen, wohin ich reiten möchte! (nicht nach unten gucken!)
Fokus des inneren Gefühles auf meine Sitzbeine!
Vorstellung an meinem Scheitel nach oben aufgehängt zu sein.
Sinnvolle Gymnastik hält Pferd und Reiter körperlich und geistig fit. Besonders die Seitengänge in allen Versionen sind eine gute Möglichkeit die Koordination und Feinfühligkeit des Reiters zu schulen sowie das Körpergefühl und die Bewegungskoordination des Pferdes zu fördern. Diese Übungen machen nicht nur Freude, sie stärken das Selbstbewusstsein des Pferdes und machen geschmeidig. So wird die Lebensqualität und das Wohlgefühl des Pferdes gesteigert. Vorausgesetzt alle Übungen werden ohne Zwang ausgeführt und schonend erarbeitet. Das Pferd soll sich stark, fähig und stolz fühlen. Es soll mit sich selbst zufrieden sein. Für Pferde jeden Alters sind Seitengänge die Gmynastik der Wahl. Smokey ist nun etwa 28 Jahre alt und er profitiert enorm von unserer regelmäßigen, schonenden Körperarbeit. Der Reiter hat mittels den Seitengängen die Möglichkeit seinen Sitz zu verbessern, seine Hilfengebung zu verfeinern und seine Körpermotorik zu schulen. Sämtliche Lektionen sind niemals Selbstzweck, sondern immer mit Sinn für Körper und Geist von allen Beteiligten. Natürlich wendet der Reiter niemals Kraft an – das würde ihn sofort aus der Balance bringen und damit auch das Pferd. Und niemals vergessen: die Freude am gemeinsamen Tun ist das oberste Ziel!
Buchtipps:
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Jean-Claude Racinet “Feines Reiten in der französischen Tradition der Legerete”